Projekt Nr. 20
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Der Zeichnungsgenerator – Gespräch: Gabriele Mackert / H. Kater
Sylvester 2001/2002, Wien
Teil  1  2  3  4
Material:
- Ausstellungskonzept
- Rundgang durch die Ausstellung
- Die Räume von Hannes Kater
Gespräche zur Ausstellung:
Bjørn Melhus (2. Künstler)
Diana Dietz (Assistenz)
Silke Boerma (Kuratorin)
Armin Chozinski (Helfer)
Gabriele Mackert (Autorin)
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Es gab ein Vorgespräch, bei dem leider der Recorder noch nicht eingeschaltet war... jetzt versucht Hannes das eben Gesagte zu rekapitulieren:

Harmonie? H: Also, ich wollte ja eben noch was festhalten, genau – Gabriele, sag doch noch mal, was du zum Schluss behauptet hast, deine letzte These, wie war die noch? Es war irgendwas mit “Harmonie”…

G: Quatsch! Das war doch keine These von mir.

H: Wie, das war keine These, sondern eine?

G: Eine Feststellung.

H: Eine Feststellung. Und die geht wie?

G: Dass jede Ausstellung die Harmonie zwischen Werk und Präsentation sucht.

H: Na gut, und du glaubst, dass es da eine Harmonie gibt.

G: Ich glaube, dass es da ein sehr konstruktives Miteinander gibt.

H: Und könntest du dir denn vorstellen, dass es Werke gibt, die sozusagen Harmonie stören innerhalb einer Ausstellung, aber trotzdem gezeigt werden können oder müssen, weil sie halt als einzelne Arbeit spannend sind? Und glaubst du andersrum oder könnte es sein, dass es Ausstellungen gibt, wo einzelne Werke unwichtig oder nicht so bedeutend oder fast schon schlecht sind, aber trotzdem das sozusagen für die Ausstellung dann als solche gut ist, weil das der Ausstellung dient? Also glaubst du, dass man das auch anders gewichten könnte, außer dieser Harmonie? Also, wenn etwas harmonisch ist, zahlt ja jeder auch einen Preis dafür.

G: Ja die Harmonie wird ja immer so aufgefasst, dass es nur was Wohlwollendes, Gleichmachendes, Friedliches, Ausgleichendes ist…

H: Ja die Harmonie ist das Ehebett. Man geht abends gemeinsam schlafen und steht morgens gemeinsam auf oder stört sich.

G: Na, die Harmonie kann auch ganz anders aussehen.

H: Zum Beispiel?

G: Das kann auch mit Widersprüchen funktionieren.

H: Zum Beispiel?

G: Na, Gegensätze können auch in einem harmonischen und sehr… die Herausforderung kann auch auf anderen Ebenen liegen, im Prinzip.

H: Aber wenn du jetzt anführst “Gegensätze”, glaubst du denn, dass wenn man Gegensätze, Gegensätzliches präsentiert, dass durch diese Präsentation etwas Drittes entsteht, nämlich die Situation und dass die als produktiv und gut erfahren wird, aber dass die einzelne Arbeit oder die einzelnen Arbeiten, die dieses Gegensätze produzieren, dadurch eher abgewertet werden oder nicht optimal für sich –jede Arbeit für sich gesehen- präsentiert werden?

G: Ich meine, wahrscheinlich lehne ich es eh ab, von der optimalen Präsentation auszugehen, weil die im Zweifelsfall überhaupt nicht existiert. Es ist ja auch die Frage, ob die z.B. dem Künstler klar war als er das Werk vollbracht hat – ob's jetzt nun Malerei, Skulptur oder sonstwas ist – oder ob das dem Zeitgenossen, dem außenstehenden Kurator klar wird oder ob das in hundert Jahren erst gefunden wird, die kongeniale Präsentationsweise. Im Prinzip heißt “Ausstellen” ja – wie habe ich das vorhin so schön gesagt? – Interpretations-Vorgaben zu geben und Sichtweisen zu eröffnen und ähm, ich glaube, ich würde den Harmoniebegriff darauf anwenden: wenn das möglich wird

H: Dann ist “Harmonie”?

G: Dann ist eine Art von Harmonie in der Ausstellung.

H: Aber dann zahlen doch eventuell die einzelnen Arbeiten den Preis dafür.

G: Eine Arbeit zahlt immer einen Preis dafür. Schon ab dem Zeitpunkt, wo die Arbeit gemacht wird, zahlt sie den Preis des Betrachtetwerdens.

H: Nein…

G: Doch.

H: Ja okay, sie zahlt den Preis des Betrachtetwerdens, aber es…

G: Und dieses Betrachtetwerden ist immer in Kontexten zu sehen, ob das der räumliche ist usw.

H: Ja genau, aber es gibt halt unterschiedliche Betrachtungssituationen, unterschiedliche Betrachtungskontexte und eine Ausstellung ist ein ganz spezieller

G: Schafft einen, genau.

H: Betrachtungskontext. Und in der Regel sind einzelne Arbeiten nicht für diesen Kontext geschaffen worden, diesen Ausstellungskontext.

G: Tatsächlich?

H: In der Regel!

G: Also ich behaupte ja, dass zunehmend die Werke nur noch für den Ausstellungskontext, und zwar den musealen Ausstellungskontext, oder den alternativen Ausstellungskontext, aber als Präsentationsweise geschaffen wird. Und das ist ja auch deine Argumentation, warum du diesen Gegensatz aufmachst zwischen “Ausstellen” als Thema des Werkes und im Prinzip dem, was Kuratoren in dem Sinn dann nie gerecht werden können, weil sie ja nun schon vermeintlich fertige Werke haben, mit denen sie Ausstellungen “zusammenstellen”.

H: Du hast ganz bewusst einen Punkt jetzt überhört! Also, ich meine, der Kurator ist dann eingeschränkt, wenn er nicht frei wählen kann und frei wählen kann er unter zwei Voraussetzungen nicht, nämlich die eine Voraussetzung ist” thematische Ausstellung” und die andere Voraussetzung ist “Einzelausstellung “ eines Künstlers.

G: Stopstopstopstop! Stop. Erstens ist das Verhältnis Kurator/Künstler immer eines, was für jede Ausstellung speziell gewählt und ausgehandelt wird und zweitens ist die Einschränkung einer thematischen Ausstellung keine andere als für jede andere Ausstellung auch. Du kannst verschiedene Schwerpunkte setzen, du kannst auch in einer personale mit einem Künstler vereinbaren oder den gemeinsamen Nenner finden, dass man aus jeder Zeit oder jeder Werkgruppe das wichtigste Werk ausstellt. Das heißt, du gehst retrospektiv vor oder du kannst sagen, man stellt nur Sachen aus dem Werk aus, die thematisch sich da und damit beschäftigen oder…

H: Aber trotzdem hast du eine Einschränkung, dass du mit den Arbeiten dann arbeiten musst und du kannst dann nicht noch – einfach weil's der Ausstellung bekommt – die Arbeit eines anderen Künstlers dazunehmen, in der Regel. Oder sagen, ich mach`hier die Wand gelb-rot gestreift, weil dann würde jeder sagen, das ist ja auch ein künstlerischer Eingriff oder da geht der Kurator zu weit.

G: Das kann man machen! Kann man alles machen.

H: Okay, aber es sind Ausnahmen.

G: Nein, das sind in dem Sinne nicht Ausnahmen, sondern man sollte sich, bevor man eigentlich einen Künstler anspricht oder im Prozess dessen, dass man einen Künstler kennenlernt, all diese Möglichkeiten offenhalten und ich glaube das ist genau das, was Bewusstsein über Ausstellen heißt. Und das ist das, was ich meinte, dass das parallel wächst miteinander.

H: Aber wir haben das Problem jetzt, hier, wo wir hier sitzen, dass ich natürlich über Ausstellungen rede, die ich gesehen habe, die nicht du verantwortet hast und die so eine Art Querschnitt, also ich rede von so einer Querschnittserfahrung. Und da ist es in der Regel schon so, Einzelausstellung bedeutet: okay, die haben irgendwie mehr oder weniger miteinander geredet und es mehr oder weniger sorgfältig ausgesucht, aber du musst mit dem Material, was da ist, und der Architektur, die da ist, arbeiten. Das heißt, es entsteht ein mehr oder weniger guter Kompromiss. Und der ist auch sinnvoll, weil man will die einzelnen Arbeiten dieses Künstlers möglichst wirkungsvoll zeigen. Das heißt, du musst aber auch auf jede einzelne Arbeit Rücksicht nehmen.

G: Ja, die muss aber auch ein Künstler, wenn er nicht nur ortsspezifisch arbeitet.

H: Ja, klar! Es ist gar kein Vorwurf gegen den Kurator! Jeder Künstler, der seine eigene Einzelshow einrichtet hat genau dasselbe Problem. Er kann schlechterdings nicht seine Bilder zersägen und er kann schlechterdings nicht schnell mal ein neues Werk schaffen, nur damit er das ausstellen kann. Und ich glaube, aus dieser Erfahrung, die ja viele Leute machen in den letzten Jahren, entsteht ja auch-das ist auch ein Grund, weshalb die Leute zum Teil anders arbeiten, wie du es ja fast ein bißchen zynisch sagst , die Leute schauen, dass ihre Arbeiten in bestimmten Kontexten gut aussehen und, wenn man das weiterdenkt, deine Idee, dann würde das ja bedeuten, dass sie im privaten Raum, also in privaten Haushalten oder Wohnungen oder Häusern nicht mehr so gut funktionieren wie in einer Ausstellung.

G: Halt, stopstopstop.

H: Das heißt, der Betrogene wäre dann letztendlich der Kunde, der das dann kauft als einzelne Arbeit – wenn's das überhaupt noch gibt, weiß ich gar nicht, ob`s das überhaupt noch gibt, gibt`s aber irgendwo schon noch – also, der Sammler, der da mehr sammelt, ist dann auch wieder besser dran. Und außerdem kann sich da ja auch nochmal das Betrachterverständnis, aber das wär`nochmal was anderes, ändern, klar. Ich meine, was du meinst, das wäre sozusagen so eine Zielgruppenorientiertheit.

G: Nee, nee, das meine ich nicht…


Nun denn... H: Man könnte sagen, früher war die Zielgruppe der Käufer, der eine einzelne Arbeit in einen Raum hängt, und jetzt ist die Zielgruppe “Museum”… oder?

G: Na ich wollte darauf hinweisen, dass es ja nun die eine verklärende Haltung gibt, dass der Künstler eh nur für sich im Atelier und für sein Werk arbeitet und für sein Werk da ist. Und das so ein abgeschlossenes System eigentlich ist, das so werkimmanent funktioniert und denkt, und dass es da wahrscheinlich schon Einflüsse gibt, die von außen kommen, die den Künstler in seinem Werkprozeß verändern. Das ist aber, glaube ich, wahrscheinlich nie so gewesen, aber es ist zunehmend einfach so, dass spätestens durch die Krise des Ausstellungsraumes Künstler sehr viel mehr über wie präsentiert wird nachdenken und mit der Krise des Werkbegriffes oder Objektbegriffes über diese Kategorie an sich auch nachgedacht wird, d.h. es gibt die Tendenz zum Prozessualen, es gibt die Tendenz, raumbezogen, ortsspezifisch zu arbeiten oder eben zu inszenieren in dem Sinne, dass die Künstler sich nicht mehr damit zufrieden geben, das gemalte Bild nur, sondern dass sie das verantworten wollen, wie und überhaupt und eh denken, dass sie die besseren Ausstellungsarchitekten sind und die besseren Kuratoren und überhaupt. Und ein Drittes, was da auch, denke ich, mit reinspielt, ist z.B. auch eine Sache, dass Künstler sich anderer Techniken und anderer Vertriebs – und anderer Produktionswege bedienen, die aber alle wiederum auf den Ausstellungsraum zielen und auch nur dort eigentlich ihre Wirkung entfalten können, durch die Wahl. Also, weil diese Wirkung auf die Wahl der Produktionsweise auch mit abgestimmt ist.

H: Halt, habe ich das jetzt richtig verstanden, meinst du, die Künstler simulieren letztendlich nur andere Vertriebswege, damit es, wenn man diese vermeintlich genutzten oder simulierten Vertriebswege nachher wieder in einen Galerie- oder Museumskontext ausstellt, dass sie dann gut aussehen?

G: Ich spreche jetzt gar nicht so unbedingt von einer ästhetischen Komponente – das kann's auch sein –

H: Aber das meinst du schon so, dass es eigentlich ein fake ist.

G: Na, es ist nicht, es ist kein fake

H: Also so zynisch siehst du das nicht.

G: Ich sehe das nicht zynisch, sondern ich sehe das als eine Erweiterung im Prinzip eines ready-made-Begriffes. Wenn man z.B. Herstellungsmethoden benutzt. Also wir wollen jetzt nicht diese Duchamps-ready-made-Geschichte haben, der ja nun alles dann doch nicht ready-made war, sondern selber gemacht hat, was ich noch irgendwie das Raffinierteste an seinem Konzept finde – da können wir uns ein anderes Mal drüber unterhalten – aber, wenn ich z.B. anschaue – das ist mir so klar geworden auch bei dieser Televisions-Ausstellung – dass es ja noch eine Generation von Künstlern gab, sobald irgendwie diese tragbare Sony (?) auf dem Markt war, die darauf gebrannt haben, anderes Fernsehen zu machen. Also diese Video-Technik grade auf ihren Aspekt des Übertragens, der Zeitgleichheit, also Echtzeit usw. untersucht haben und auch diesen Spiegel, den medialen Spiegel und so…

H: Darf ich mal ganz kurz einhaken, nicht, dass es ein Mißverständnis ist. Wenn ich dich jetzt richtig verstanden habe, meinst du, dass denen dann auch aufgefallen ist, dass man sich gegenseitig Kassetten schicken kann und Festivals machen kann usw. und dass das, selbst diese Art von Handeln jetzt auch wieder im Ausstellungskontext vorgeführt wird als Kunst und auch wieder im Ausstellungskontext, im klassischen Ausstellungskontext, gezeigt wird.

G: Nee, überhaupt nicht!

H: Da hab' ich dich falsch verstanden, geglaubt, das meinst du.

G: Überhauprt nicht. Denn das Phänomen, das ich beschreiben will, gerade im Umgang mit dem Medium Fernsehen, ist halt eines, das, als das möglich war für Künstler das zu tun, wollten sie sofort dieses Defizit, dass sie eigentlich nie mit diesem Medium zu tun hatten vorher, weil es immer staatlich, immer teuer, immer organisatorischer Aufwand, immer auch für Propaganda und auch für ideologische Zwecke eingesetzt war, waren da ja Künstler sehr außen vor oder sie waren beteiligt, aber anonymisiert. Also anders als beim Kino oder der Fotografie, was schon über eine Künstlerpersönlichkeit eigentlich lief, die Entwicklung, sofort. Da sehe ich schon einen Unterschied. Und von diesem Wollen, ein anderes Fernsehen zu machen tatsächlich, haben sich ganz, jetzt zeitgenössische Künstler eigentlich sehr entfernt. Wenn man z.B. Christian Jankowski(?) oder Gala-Komitee anschaut, dann benutzen sie das Fernsehen, um ein Kunstwerk produzieren zu lassen, das aber nicht im Fernsehen funktioniert, also die produzieren nicht für`s Fernsehen mehr und wollen den künstlerischen Beitrag in diesem Medium haben, sondern sie benutzen das Medium, um eine Aussage im Kunstkontext zu erstellen.

H: Und das siehst du wie? Also, bedeutet das was für dich?

G: Na ich sehe das als eine Strategie – also das eine ist ja über den Werk – und Objektcharakter nachzudenken und da verschiedenste Auswege zu finden, das andere über Präsentationsformen und Raumbildung und sowas…

H: ich meine jetzt einfach nur mal das letzte Beispiel Jankowski…

G: und das Dritte würde ich sehen, dass Methoden benutzt werden verschiedener Art.

H: Und werden diese Methoden dann vorgeführt und ausgestellt? Also sind die Methoden das eigentliche Thema?

G: Naja schon. Als Systeme, die funktionieren. Also wenn man dann sieht diesen Wahrsager, die Wahrsager-Geschichte, dann ist ja der input des Künstlers eigentlich nur ein Anlass dessen, dass der Wahrsager in Aktion tritt. Und das wiederum wird mit einem künstlerischen Thema verknüpft und dann zurückgebracht auf einen Kunstkontext.

H: Wenn man Methode anders nennen würde – also, “Methode”, würdest du sagen, ist okay als Begriff? –

G: Ja, oder System oder Produktionsdistributionsweisen, da gibt's die verschiedensten Möglichkeiten.

H: Ja gut, aber wenn man das runter, also wenn man das vereinfacht sagen würde, könnte man dann nicht auch einfach sagen “Handeln”?

G: Delegiertes Handeln?

H: Nein, ich meine, selbst wenn du Handeln delegierst, ist es auch noch eine Form Handeln. Also wie, thematisiert es dich (sich?) ein Stück weit, wie handelt man, kann man handeln, was…?

G: Nee, nee, nee. Es ist als Grundthema mit da, aber du musst ja schon sehen, dass beim Delegieren, also wenn die Produktion des Kunstwerkes nach außen verlagert wird und zwar auf eine andere Art und Weise als die Konzeptkunst das gemacht hat, zu sagen, das reicht eigentlich das Konzept des Kunstwerkes aufzuschreiben…

H: Wie heiß denn da der italienische Sticker, wie hieß der denn noch? Der so landkartenähnliche und Fahnensachen…

G: Alighiero Boetti

H: Der würde da für dich ähnlich auch einzustufen sein? Die Stickereien sind ja von anderen gemacht.

G: Na, das finde ich eigentlich nur Arbeit delegieren, aber nicht in Systemen denken, die in ihrer Logik… das Handeln zu delegieren. Weil Christian Jankowski kann es ja vom Ausgang her oder so nicht mehr beeinflussen dann. Aber er kann dem Sticker wahrscheinlich schon sagen, ja, das ist jetzt schön oder nicht oder ich will es so und so.

H: Er hat Vorgaben gemacht, aber es gibt relativ viel ästhetische Entscheidungen, die die Sticker dann gemacht haben. Schon. Also bestimmte Farbfolgen…

G: Ja schon, aber es gibt dann eine Kommunikation.

H: Höchstwahrscheinlich, ja klar.

G: Aber die Kommunikation, die bei dem anderen Benutzen des Systems besteht, ist sozusagen die Auswahl, die der Künstler trifft und die Fragen, den input, den er liefert.

H: Ich will noch mal auf das Handeln zurückkommen. Würdest du da einen großen Unterschied sehen, ich meine, man könnte… also das, was der Jankowski macht, ist ja zumindest einen Anstoß geben, oder? Also er löst etwas aus.

G: Das sagt man ja gerne, dass Kunst einen Anstoß gibt… oder einen Sinn hat.

H: Nein, ich meine das jetzt ganz banal, nein, nein, nein, gar nicht Sinn. Ich meine, Handeln ist einfach ganz banal etwas tun, etwas passiert, egal was erstmal. Ist dieser Aspekt nicht auch mit dabei?

G: Na, ich glaube, dass es bei ihm nicht um Handeln, sondern um Produktion geht. Und dass eigentlich der Produktionsbegriff durch das Delegieren in andere Modelle oder methoden oder Systeme thematisiert wird.

H: Und die Frage ist, wo findet Produktion statt.

G: Ja. Das ist eine Verlagerung aus dem Atelier, also wozu braucht so ein künstlerisches Vorgehen ein Atelier, das kann jetzt im Hotelzimmer passieren – ist wahrscheinlich auch so passiert – und es delegiert eben nicht das Werk an eine intellektuelle Leistung des Betrachters meinetwegen oder das Werk in den präsentativen Kontext, in das es gestellt wird, was jetzt z.B. eine ortsbezogene Arbeit auch tun würde, weil sie eben… sondern die Produktion an sich wird anders definiert.

H: Und?

G: Naja, deswegen denke ich, dass dieses, also ich sehe insgesamt so eine Tendenz im künstlerischen Schaffen im Moment, sich solcher gesellschaftlicher ready-mades zu bedienen.

H: Also ich sehe die nicht. Ich sehe nur, dass die momentan sehr im Diskurs ist.

G: Mhm. In welchem?

H: In welchem ist natürlich eine gute Gegenfrage.

G: Ja, das ready-made ist als Thema vom Tisch weggeblasen, es existiert nicht. Weil es für die meisten ein überkommenes, ein überkommener Denkansatz überhaupt ist.

H: Ich verliere permanent den Faden, das ist echt schwierig. Ähm. Produktion. Und das Delegieren von Produktion. Und die Vergesellschaftung.

G: Na, wir waren ja von der Harmonie ausgegangen.


Ausstellun-
gen und
Ausstellungs-
kontexte
H: Nein, nochmal, also wo findet Produktion eigentlich statt. Und ich glaube schon, dass das ein ganz großes Thema ist, weil das… also es geht ja auch um Ohnmacht. Das müsste ich jetzt ganz lange erklären, glaube ich, Hilfe. Ohne dass ich das jetzt erkläre, es geht um Ohnmacht und es geht um… darum wie man den Faden verliert und nicht wiederfindet. Jetzt mal ganz, ganz platt, also wenn man Globalisierung denkt und strukturelle Gewalt, Eingebundensein in gesellschaftliche, wirtschaftliche Situationen, Lebensläufe wie sie sich abzeichnen, die auf einen zukommen, Schule, Ausbildung, Beruf, Pleitegehen, sonstwas, da ist ja schon die Frage wo ist das Handeln. Und wie kann man noch handeln und selbstbestimmt handeln und trallala. Und was man den Künstlern ja immer zugute gehalten hat, bzw, wo sie die Fahne hochgehalten haben, war, dass sie noch selbstbestimmt handeln können, hochgradig. Und das ist ja auch eine Illusion, sobald man… also, das konnte eventuell der klassische Atelierkünstler, wenn man einmal ausblendete, wie er überhaupt dazu gekommen ist wie er die Bilder macht und wenn man dann auch noch ausgeblendet hat, wie er die Bilder wieder loswird, die er da produziert… das heißt, dass der Künstler natürlich auch eingebunden ist in all die Strukturen wie jeder andere Mensch in dieser Gesellschaft auch und das Handeln somit auch wieder leidvoll Thema wird. Und das, was Jankowski macht, ist eine Möglichkeit, damit umzugehen, oder?… Und für mich ist das eine Möglichkeit mit Ohnmacht umzugehen, bzw. also ähnlich sind so… also ich finde das relativ verwandt auf einer komischen Ebene den Leuten, die würfeln, und jenachdem was sie würfeln einen Strich machen oder einen Punkt oder Klecks oder so.

G: Na, ich glaube, dass das, dieses Thematisieren des Handelns auf einer anderen Ebene da drin liegt und zwar indem es thematisiert… ähm, diesen komischen Knoten, der sich um die Kreativität so rum…

H: Ja!

G: legt. Indem er Wahrsager nimmt, ist ja schon eine Ebene sofort angesprochen, die auf paradoxe Art und Weise in der Gesellschaft total anerkannt ist und gleichzeitig total lächerlich ist. Und das ist ja ein total interessantes Phänomen eines Schattendaseins, einer gesellschaftlichen Akzeptanz, die sich gleichzeitig verleugnet.

H: Ja.

G: Schon. Wo man sich ja fragt, läuft das jetzt eigentlich auf , also ist das Entertainment, was da eigentlich abgeht oder ist das wirklich Information oder was ist da drin oder ist das eigentlich… ersetzt das den Psychologen oder um was geht's dabei. Und all diese Aspekte sind eigentlich auf eine sehr schöne Art und Weise auch immer in der Diskussion um Kunst und um den künstlerischen Akt involviert und ich glaube, dass deswegen er diese Arbeit auch so anlegt. Weil ja die Voraussage, wird er Erfolg haben mit seinem Werk, eine ist, die sozusagen sprichwörtlich in den Sternen liegt. Und das Lesen der Sterne eigentlich immer auch im prinzip schon wieder der Interpretationsvorgang, der Produktionsvorgang, die Sichtweise, der gesellschaftliche Kontext usw. ist. Und in der Hinsicht thematisiert er das Handeln, weil das Handeln, wie im absurden Theater, nicht bestimmt ist.

H: Ja, das ist so eine… auf der anderen Seite ist auch so eine rückbezügliche Schlaufe, oder wie nennt man das?

G: Ja, ja.

H: Und ähm, ich weiß nicht, ich kann da also auf so einer emotionalen Ebene… hm.

G: Ich will jetzt gar nicht eigentlich so auf seinem Werk im speziellen rumreiten, aber das wollte ich jetzt nur heranziehen für diese These, dass sehr wohl für den Ausstellungskontext gearbeitet wird.

H: Und das findest du eine Arbeit speziell für den Ausstellungskontext?

G: Ja, weil die ja nicht in dem Sinne für die Fernsehzuschauer gemacht ist. Also für die Fernsehzuschauer mag die auch eine Irritation haben und es mögen eventuell auch ein paar dabei sein, die das sehr wohl auch im Prinzip so abstrahiert gesehen haben wie als würden sie sie im Ausstellungskontext sehen, aber das ist normal das Fernsehprogramm. Aber das ist, glaube ich, bei den seltensten Personen der Fall. Selbst ich würde wahrscheinlich sagen oder mir würde wahrscheinlich womöglich auffallen, oh mein Gott, das ist ja im prinzip Realkunst oder sowas…

H: Ich finde den Begriff “Ausstellungskontext” nicht richtig, ich würde “Kunstkontext” sagen.

G: Ja, vielleicht “Kunstkontext”, aber ich will darauf hinaus, dass diese Arbeit natürlich auch funktionieren würde, wenn sie im Privatraum gebeamt werden würde, d.h. es gibt verschiedenste Ausstellungskontexte.

H: Aber im Privatraum ist es eine Präsentation und keine Ausstellung.

G: Tatsächlich?

H: Klar.

G: Ähm, du meinst… du setzt dann öffentlich versus privat.

H: Nein, das nicht. Ich setze… ein Ausstellungsraum ist ein Raum, in dem es vielleicht eine Toilette gibt, die aber abgetrennt ist und wo keiner lebt, es sei denn irgendwie versteckt und der Raum ist dazu da, dass da ausgestellt wird und der ist normalerweise annonciert und trallala und gehorcht bestimmten Bedingungen und etwas, was in einer Privatwohnung gezeigt wird, also man kann sich noch Freunde dazu einladen, das geht auch, wenn das temporär gezeigt wird, das ist auch wahrscheinlich, aber in der Regel lebt man dann irgendwie damit, also wenn es Skulptur oder Malerei ist oder so. Es ist ein ganz anderer Umgang. Und eine Ausstellung, normalerweise werden in einer Ausstellung mehrere Arbeiten gezeigt, also ganz selten wird nur eine Arbeit gezeigt, dann ist es höchstwahrscheinlich eine Galerieausstellung… also “Ausstellung” ist schon sehr festgelegt als Begriff, finde ich, und jetzt den auf eine private Situation in Privaträumen anzuwenden, finde ich schwierig. Und das war ja ein Kunstgriff von Kuratoren, dass sie gesagt haben, okay, wir machen eine Ausstellung in einer Küche, aber selbst die haben ja nicht in ihrer eigenen Küche ausgestellt, bis auf einen, glaube ich, das war wohl seine eigene, sonst gehen sie auch irgendwo anders hin, und da wird's dann auch wässrig oder komisch. Und dann gibt's ja auch Einladungskarten und so und dann ist es wieder Kunstbetrieb!

G: Ja, aber was ist denn z.B. mit dem Hang in den achziger Jahren, wir nehmen das brachliegende Fabrikgelände oder Fabrikgebäude?

H: Das ist “Ausstellen”, mehr oder weniger.

G: Mhm. Deswegen sage ich ja. Und nicht Kunstkontext.

H: Klar ist das Kunstkontext, also wenn man eine Ausstellung macht ist es Kunstkontext. Klar.

G: Okay, dann haben wir eh kein Problem damit, zwischen dem Kunstkontext und dem Ausstellungskontext.

H: Nein, du kannst Arbeiten auch auf der Messe zeigen, dann ist es Kunstkontext, eine Messe ist nämlich keine Ausstellung.

G: Deswegen sage ich ja “Ausstellung”, nicht “Kunstkontext”.

H: Ja, aber die Arbeit von Jankowski kannst du ja auch auf der Messe zeigen, da funktioniert es ja auch. Weil der Kunstkontext klar macht, wie sie funktioniert. Alles, was den Kunstkontext aufscheinen lässt, macht diese Arbeit nachvollziehbar, in deinem Sinne, du brauchst dafür keine Ausstellung. Du kannst sie eben auch privat zeigen in einer Wohnung, wenn klar ist, das ist Kunst.

G: Mhm.

H: Oder?… Darüber wollte ich eigentlich überhaupt nicht reden mit dir.

G: Erzähl', worüber wolltest du reden? Über die Harmonie.

H: Ja nee, da wollte ich ja nur auf Band was aufzeichnen, was du ja auf Band nicht haben willst offensichtlich.

G: Ich meine, über welchen Kontext reden wir eigentlich hier und in welchen Kontext stellen wir uns gerade?

H: (lacht)

G: Welches System bedienen wir oder welches Systems bedienen wir uns?

H: Ähm, ja es ist ja nicht klar in welcher Form das jemals öffentlich wird, wenn's überhaupt öffentlich wird was hier passiert. Also es gibt die vage Vorstellung von mir, etwas zu machen, was man gemeinhin dann Publikation nennt, wo ich ausschnitthaft Gespräche mit beteiligten oder involvierten Leuten an diesem Projekt mit Björn und mir, im Kunstverein Hannover… also gesprochen habe ich mit Silke, gesprochen habe ich mit der Diana Dietz, die Assistenz gemacht hat bei mir, gesprochen habe ich mit Armin und jetzt rede ich mit dir.

G: Ja nun, ich habe ja den Nachteil allen anderen gegenüber, dass ich die Ausstellung nicht gesehen habe.

H: Ja.

G: Ich kenne ja nur die fotografischen Abbildungen im Katalog.

H: Aber du kennst den Text!

G: Oja. Oder ich kannte ihn mal.

H: Du kanntest den Text. Du hast den Text geschrieben. Oder?

G: Nee, ich habe einen Text geschrieben, das stimmt.


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